
Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen schreitet kontinuierlich voran – dazu gehört auch die Bereitstellung von Gehaltsabrechnungen. Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 29. Januar 2025 stellt klar: Unternehmen können Lohn- und Gehaltsabrechnungen ausschließlich digital zur Verfügung stellen. Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf eine gedruckte Version. Diese Entscheidung betrifft viele Arbeitgeber und Beschäftigte in Deutschland und gibt Unternehmen eine rechtliche Grundlage für die digitale Abwicklung der Entgeltabrechnung.
Hintergrund des Urteils
Der Fall betraf eine Arbeitnehmerin, die ihre Gehaltsabrechnungen über Jahre hinweg in Papierform erhalten hatte. Ihr Arbeitgeber stellte auf eine digitale Lösung um, die die Abrechnungen in einem passwortgeschützten Mitarbeiterportal bereitstellt. Die Arbeitnehmerin empfand dies als Benachteiligung, da sie keinen direkten Zugang zu einem Drucker hatte und forderte weiterhin eine physische Kopie ihrer Abrechnungen.
Das Bundesarbeitsgericht entschied jedoch, dass die Bereitstellung der Abrechnungen über ein sicheres, digitales System den gesetzlichen Anforderungen genügt. Unternehmen sind nicht verpflichtet, eine zusätzliche Papierform auszustellen, sofern die Dokumente für Arbeitnehmer in angemessener Weise abrufbar sind.
Implikationen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Das Urteil bietet Unternehmen eine eindeutige rechtliche Grundlage für die Einführung oder Beibehaltung digitaler Abrechnungssysteme. Arbeitgeber müssen sich jedoch weiterhin an grundlegende arbeitsrechtliche und datenschutzrechtliche Vorgaben halten.
Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass sie sich auf digitale Prozesse einstellen müssen. Wer keinen eigenen Drucker besitzt oder mit digitalen Systemen nicht vertraut ist, muss alternative Lösungen finden. Unternehmen sind gut beraten, ihre Mitarbeitenden bei der Umstellung zu unterstützen, um mögliche Barrieren abzubauen.
Vorteile der digitalen Gehaltsabrechnung
Für Unternehmen:
- Kosteneinsparung: Wegfall von Druck- und Versandkosten
- Effizienzsteigerung: Schnellere Bereitstellung und weniger Verwaltungsaufwand
- Nachhaltigkeit: Reduzierter Papierverbrauch
- Sicherheit: Passwortgeschützte Portale bieten einen sicheren Zugriff und vermeiden Verlust oder Beschädigung von Dokumenten
- Automatisierte Prozesse: Digitalisierung erleichtert die Integration mit anderen HR-Systemen
Für Arbeitnehmer:
- Schnellerer Zugriff: Keine Wartezeiten auf postalische Zustellung
- Bessere Archivierung: Digital gespeicherte Abrechnungen sind einfacher abrufbar
- Ortsunabhängigkeit: Zugriff auf Dokumente von überall
- Transparenz: Überblick über vergangene Abrechnungen in einem zentralen System
Geringere Umweltbelastung: Reduzierung des Papierverbrauchs trägt zur Nachhaltigkeit bei

Herausforderungen bei der Umstellung
Die Einführung digitaler Gehaltsabrechnungen bringt auch Herausforderungen mit sich:
- Digitale Zugänglichkeit: Nicht alle Mitarbeitenden verfügen über Computer oder Drucker
- Datenschutzanforderungen: Unternehmen müssen sicherstellen, dass personenbezogene Daten geschützt sind
- Technische Umsetzung: Nutzerfreundliche und zuverlässige Portale sind essenziell
- Nachweisbarkeit: Arbeitnehmer tragen die Verantwortung, ihre Dokumente rechtzeitig herunterzuladen und zu speichern
- Anpassung bestehender Prozesse: Unternehmen müssen ihre HR-Abteilungen auf den digitalen Prozess umstellen, was unter Umständen mit zusätzlichen Schulungen und Investitionen verbunden ist
- Akzeptanz in der Belegschaft: Manche Mitarbeiter könnten Vorbehalte gegenüber der Digitalisierung haben, insbesondere ältere oder technikferne Arbeitnehmer
Praxisempfehlungen für Unternehmen
Arbeitgeber sollten bei der Umstellung auf digitale Abrechnungen einige Aspekte berücksichtigen:
- Transparente Kommunikation: Frühzeitige Information der Mitarbeitenden über den Wechsel auf digitale Abrechnungen
- Schulungsangebote: Unterstützung für weniger technikaffine Arbeitnehmer
- Alternative Zugriffsoptionen: Bereitstellung von Druckmöglichkeiten oder hybriden Lösungen
- Rechtliche und datenschutzkonforme Umsetzung: Sicherstellen, dass die gewählte Plattform den Anforderungen entspricht
- Einführung einer Übergangsphase: Unternehmen können die Umstellung schrittweise umsetzen, um den Mitarbeitenden Zeit zur Anpassung zu geben
- Berücksichtigung von Sonderfällen: Arbeitnehmer mit besonderen Bedürfnissen oder fehlendem Zugang zu digitalen Endgeräten sollten weiterhin eine Möglichkeit zur physischen Bereitstellung haben
Regelmäßige Überprüfung der Systeme: Technische Wartung und Updates sicherstellen, um Probleme frühzeitig zu vermeiden

Internationale Perspektive: Wie handhaben andere Länder digitale Gehaltsabrechnungen?
Während Deutschland erst jetzt durch das BAG-Urteil eine klare rechtliche Grundlage schafft, sind digitale Gehaltsabrechnungen in vielen Ländern bereits der Standard:
- USA: Digitale Gehaltsabrechnungen sind weit verbreitet, da Unternehmen häufig auf digitale Personalverwaltungssysteme setzen.
- Großbritannien: Dort ist es Unternehmen freigestellt, ob sie Gehaltsabrechnungen digital oder in Papierform ausstellen. Die Praxis zeigt, dass viele auf digitale Lösungen umgestiegen sind.
- Frankreich: In Frankreich ist die digitale Bereitstellung von Gehaltsabrechnungen unter bestimmten Bedingungen erlaubt, sofern der Arbeitnehmer nicht widerspricht.
- Skandinavien: Länder wie Schweden und Dänemark setzen fast ausschließlich auf digitale Abrechnungen, oft integriert mit Bank- und Steuerportalen.
Die internationale Entwicklung zeigt, dass digitale Gehaltsabrechnungen nicht nur aus Kostengründen vorteilhaft sind, sondern auch die Effizienz steigern und moderne Arbeitsprozesse unterstützen.
Technologische Entwicklungen in der digitalen Entgeltabrechnung
- Interaktive Gehaltsabrechnungen: Digitale Abrechnungen könnten in Zukunft nicht nur statische Dokumente sein, sondern interaktive Elemente enthalten, die eine bessere Nachvollziehbarkeit von Lohnbestandteilen ermöglichen.
- Blockchain-Technologie: Zur sicheren Archivierung von Gehaltsabrechnungen könnte die Blockchain-Technologie eine transparente und manipulationssichere Lösung bieten.
- Mobile Apps: Viele Unternehmen setzen bereits auf mobile Anwendungen, die es Mitarbeitern ermöglichen, ihre Abrechnungen direkt auf dem Smartphone abzurufen und zu verwalten.
- Automatisierte Archivierungssysteme: Unternehmen könnten Lösungen implementieren, die Gehaltsabrechnungen automatisch langfristig speichern und auf Anfrage abrufbar machen.
- Künstliche Intelligenz (KI): KI-gestützte Lösungen könnten helfen, Lohnabrechnungen effizient zu analysieren, Ungenauigkeiten zu identifizieren und personalisierte Gehaltsprognosen zu erstellen.
Fazit
Mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts erhalten Unternehmen Rechtssicherheit in Bezug auf die digitale Bereitstellung von Gehaltsabrechnungen. Die Vorteile – Kosteneinsparung, Nachhaltigkeit und Effizienz – überwiegen in vielen Fällen die Herausforderungen. Dennoch sollten Arbeitgeber sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden nicht benachteiligt werden und die digitale Umstellung mit passenden Unterstützungsmaßnahmen begleiten. Eine frühzeitige Einbindung der Belegschaft und eine benutzerfreundliche Umsetzung sind entscheidende Erfolgsfaktoren für eine reibungslose Einführung. Besonders für kleinere Unternehmen ist eine durchdachte Strategie notwendig, um sowohl technische als auch personelle Hürden zu überwinden und von den Vorteilen der Digitalisierung zu profitieren.
Benötigen Sie Unterstützung bei der digitalen Bereitstellung von Gehaltsabrechnungen? Kontaktieren Sie uns – wir helfen Ihnen gerne weiter!